CS | EN

Meeting Brno 2018: Zeit der Revision

Das Festival widmete sich der Aufarbeitung zentraler historischer Momente, die in den hundert Jahren der Existenz des selbstständigen tschechoslowakischen und später tschechischen Staates das Denken mehrerer Generationen seiner Bürger*innen geprägt haben. Erinnert wurde an die wegweisenden Jahre 1918 und 1989, die für die demokratische Entwicklung der Gesellschaft von entscheidender Bedeutung waren, aber auch an die Jahre 1938, 1948 und 1968 – Zeiten, in denen die tschechische Gesellschaft durch totalitäre Regime ihre Freiheit und tragischerweise auch einen großen Teil ihrer Bürger*innen verlor.

Unsere Gäste und zentralen Mitwirkenden der Diskussionsforen und künstlerischen Veranstaltungen waren diesmal Brünner (bzw. südmährische) Persönlichkeiten, die aus der Tschechoslowakei emigriert sind, um im Ausland ihr fachliches oder kreatives Potenzial zu entfalten. So folgte unserer Einladung etwa die Schriftstellerin Sylvie Richterová, Veronika Firkusny – Tochter des Klaviervirtuosen Rudolf Firkušný – oder der Architekt Jiří Oplatek.

In Verbindung mit weiteren in- und ausländischen Gästen eröffneten sie uns einen Blick auf unsere jüngere Geschichte aus einer Perspektive, die den jüngeren – und vielleicht auch den reiferen – Generationen hierzulande bislang kaum vertraut ist.

Im Rahmen des Festivals fand auch die Versöhnungspilgerfahrt statt – ein Gedenkmarsch zur Erinnerung an die gewaltsame Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung im Jahr 1945. Die Route des Marsches von Pohořelice nach Brünn entspricht der sogenannten Todesmarsch-Strecke vom 31. Mai 1945, wird jedoch in entgegengesetzter Richtung begangen – als Symbol der Versöhnung und der symbolischen Rückkehr der Vertriebenen in die Stadt.

Diese Veranstaltung ist traditionell mit einem mehrtägigen Aufenthalt deutscher und österreichischer Schülerinnen verbunden, die gemeinsam mit tschechischen Altersgenossinnen nicht nur am Marsch selbst teilnehmen, sondern auch an Workshops und Vorträgen, bei denen sie mit weniger bekannten und lange verdrängten Kapiteln der Geschichte vertraut gemacht werden.

Zentrales Anliegen dieses Aufenthalts ist es, die Schüler*innen mit der Geschichte des Zusammenlebens verschiedenster Gemeinschaften, Sprachen, Kulturen und Nationen in Brünn vertraut zu machen – und Raum zu schaffen für neue Kontakte und künftige grenzüberschreitende Zusammenarbeit.