Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde!
Der 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs ruft nicht nur Feierlichkeiten hervor, sondern wirft auch Fragen über die Vergangenheit auf. Mit diesen Fragen haben wir uns bei der Vorbereitung des Symposiums beschäftigt, das wir alljährlich in Brünn zum Thema der in den böhmischen Ländern geborenen deutschsprachigen Literatur veranstalten. Der diesjährige Jahrgang trägt den Titel Hommage an Jürgen Serke.
Wir wollen den Schriftsteller und Journalisten würdigen, der in seinem Buch „Böhmische Dörfer“ das literarische Atlantis entdeckte: Er stellte Dutzende von Porträts deutscher Autoren vor, die tschechoslowakische Staatsbürger waren, aber nach dem Krieg ihre Staatsbürgerschaft verloren und in ihrer ehemaligen Heimat in Vergessenheit gerieten. Auch unser Freund Serke war ein Vertriebener – eines Morgens wachte er mit seinen deutschen Eltern auf Befehl Stalins in Polen auf. Auf dem international besetzten Symposium wird auch über den politischen Kontext gesprochen: über die Vertreibung, die die europäischen Nationen wie ein Unglück und Übel traf.
Leider sehen viele Menschen in Vertreibungen immer noch ein Mittel zur Lösung politischer Probleme. Vor nicht allzu langer Zeit riet der ehemalige tschechische Präsident Zeman der israelischen Führung, dasselbe mit den Palästinensern zu tun. Er bezog sich dabei auf das tschechoslowakische Beispiel, das inzwischen achtzig Jahre alt ist. Unlängst trug der amerikanische Präsident Trump die gleiche Idee vor. In diesem Zusammenhang werden die Organisatoren und Teilnehmer des Brünner Symposiums zweifellos an das Schicksal der deutschen Landsleute denken, die nach dem Krieg gezwungen waren, sich von ihrer Heimat zu trennen.
Die Sudetendeutsche Landsmannschaft hat in ihrer Mitte Mitglieder, die den Abschied am eigenen Leib erfahren haben, doch sind es meist jüngere Menschen, Kinder und Enkel, die auf die Erinnerungen ihrer Eltern und Großeltern angewiesen sind. Es geht jedoch nicht nur um sie. Die deutschen Einwohner lebten seit vielen Jahrhunderten in den böhmischen Ländern. Unsere gemeinsame Geschichte erzählt von fruchtbarem Zusammenleben und auch von ernsten Konflikten. Kriegsleid und Vertreibung verwandelten die komplizierten Beziehungen in Hass, der zwischenstaatlichen Tragweite erlangte.
Wir sind davon überzeugt, dass wir in den achtzig Nachkriegsjahren als Nachbarn den Weg von der Feindseligkeit über die Bemühungen um gegenseitiges Verständnis bis hin zur Versöhnung zurückgelegt haben; diese Versöhnung wurde auch von den verfassungsmäßigen Vertretern unserer beiden Länder im Geiste eines freundschaftlichen Konsenses bestätigt. Wir glauben, dass die Zeit gekommen ist, diesen Konsens zu vertiefen: den ehemaligen Landsleuten und ihren Nachfahren die Hand zu reichen.
Wir laden sudetendeutsche Landsleute ein, im Jahr 2026 ein Treffen in Brünn abzuhalten. Tschechische Künstler, Philosophen, Historiker, Soziologen, Lehrer, Politiker, Publizisten und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens haben diesen Text gelesen und der Einladung zugestimmt:
Miloš Doležal
Tomáš Halík
Josef Holcman
Matěj Hollan
Petr Hruška
Karel Hvížďala
Mojmír Jeřábek
Dora Kaprálová
Vladimír Karfík
Pavel Kosatík
Jiří Kratochvil
Eda Kriseová
Daniel Kroupa
Mikuláš Kroupa
Josef Mlejnek
Bedřich Moldan
Dobrava Moldanová
Petr Oslzlý
Petr Pithart
Bolek Polívka
Petr Pospíchal
Jaroslav Rudiš
Pavel Rychetský
Břetislav Rychlík
Vít Slíva
Olga Sommerová
Jiří Suchý
Jan Šabata
Anna Šabatová
Marcela Šabatová
Pavel Švanda
Kateřina Tučková
Milan Uhde
Ondřej Vaculík
Jan Vedral
Alena Zemančíková
V Brně 6. června 2025






